MT Aerospace AG setzt CFK-Meilenstein: Wasserstofftank für Raketenantrieb bewährt sich im Test

Augsburg, 23. Juni, 2021. Die MT Aerospace AG, ein Tochterunternehmen des Raumfahrt- und Technologiekonzerns OHB SE, hat mit einer Testkampagne einen wichtigen Meilenstein bei der angestrebten Entwicklung einer CFK-Oberstufe für eine zukünftige europäische Trägerrakete erreicht: Anfang Juni 2021 ließ sie im Projekt ComET der europäischen Weltraumorganisation (ESA) ihren aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) gefertigten Prototyp eines Hochleistungstanks für Raketentriebwerke im Rahmen des Vorbereitungsprogrammes für zukünftige Trägerraketen (Future Launchers Preparatory Programme) der ESA im DLR-Testzentrum in Trauen testen.

Der von der MT Aerospace AG speziell entwickelte CFK-Tank hat Wasserstoffdichtigkeit bewiesen bei frostigen -253°C. © MT Aerospace AG
Der von der MT Aerospace AG speziell entwickelte CFK-Tank hat Wasserstoffdichtigkeit bewiesen bei frostigen -253°C.
© MT Aerospace AG

Der CFK-Druckbehälter hat seine strukturelle Belastbarkeit und Dichtigkeit über mehrere Druckzyklen bei kryogenen Temperaturen um die 20 K (-253,15 °C) bewiesen, obwohl er ohne zusätzliche Innenbeschichtung (linerless) auskommt. „Das Testergebnis ist ein wegweisender Erfolg in Europa, schließlich sind Treibstofftanks sicherheitskritische Elemente in jedem Antriebssystem“, erklärt Hans Steininger, CEO der MT Aerospace AG. “Wir haben den Nachweis erbracht, dass ein aus CFK hergestellter Hochleistungs-Druckbehälter auch einer kryogenen Belastung standhalten kann. In Zukunft soll der Einsatz von CFK-Hochleistungstanks nicht nur sichere Raketenstarts ermöglichen, er kann auch den Vorteil der im Vergleich zu metallischen Tanks wesentlich geringeren Masse ausspielen.“

Umfassende Tank-Testkampagne
Die Testkampagne wurde in mehreren Stufen durchgeführt, da das Testmedium Wasserstoff speziell behandelt und aufbewahrt werden muss: Wasserstoff nimmt erst bei frostigen 20 K den Aggregatszustand flüssig an. Das Testobjekt, ein Tank mit einem Durchmesser von 400 mm, wurde zunächst einer Helium-Dichtigkeitsprüfung bei Raumtemperatur sowie bei etwa 77 K (-196,15 °C) unterzogen. Danach wurde er mit flüssigem, das heißt kryogenem Wasserstoff (LH2) befüllt. Der gefüllte Tank wurde sogar über den überkritischen LH2-Druck hinaus bedrückt, um einen Beanspruchungszustand zu erreichen, wie er beim Einsatz bei einem Raketenflug zu erwarten ist. So konnte die MT Aerospace erfolgreich demonstrieren, dass der von ihr entwickelte und gefertigte CFK-Tank die spezifizierten Anforderungen in Bezug auf LH2-Dichtigkeit entlang der gesamten Lasthistorie erfüllt – und dies auch bei Kombination von kryogenen Thermallasten und gleichzeitigen hohen mechanischen Lasteinwirkungen. Weitere Füll- und Entleerungszyklen unterstrichen ebenfalls das exzellente Verhalten des Tanks.

Kann der Tank auch Flüssigsauerstoff standhalten?
Für eine abschließende Überprüfung und eine Bestätigung der Qualität des Tanks wurde ein weiterer Helium-Dichtigkeitstest absolviert. Damit erhielt die MT Aerospace AG die Freigabe für einen weiteren Test, bei dem es um die Reaktion des Tanks beim Befüllen mit Flüssigsauerstoff (LOX) unter kryogenen Bedingungen gehen wird. Diese zweite Testkampagne soll beweisen, dass das gewählte CFK-Material geeignet ist, für beide Medien − also flüssigen Wasserstoff und Flüssigsauerstoff − in einer zukünftigen Oberstufe eingesetzt zu werden.

 

Ermutigendes Testergebnis

Für die MT Aerospace AG bildet das Testergebnis ein solides Fundament für die anstehenden Materialentscheidungen im Rahmen des Oberstufen-Demonstratorprojektes PHOEBUS, mit dem die ArianeGroup GmbH kürzlich beauftragt wurde. Das Projekt zielt - in Vorbereitung eines Demonstrators der Oberstufenstruktur im Maßstab von fast 1:1 - darauf ab, bis Ende 2022 Tanks für Trägerraketen mit einem Durchmesser von zwei Metern zu definieren, herzustellen und zu testen.

"Das Testergebnis ist für uns sehr ermutigend, auch und gerade im Hinblick auf unsere kürzlich getätigte Investition, mit der wir die CFK-Fertigungsumgebung des Unternehmens erweitern", fügt Dirk Lanuschny, Leiter der Launcher-Programme bei der MT Aerospace AG, hinzu und spricht damit eine Automated Fiber Placement Anlage an, die ab Anfang 2022 die Herstellung von Behältern mit Durchmessern ermöglichen wird, die typisch für Trägerraketen sind. „Wir beabsichtigen, als Teil des PHOEBUS-Projektes die beiden kryogenen Tanks (LH2, LOX) sowie die Primärstrukturen eines Oberstufen-Demonstrators mit einem Durchmesser von 3,5 Metern herzustellen.“

MT Aerospace AG
Die MT Aerospace AG ist ein Luft- und Raumfahrtunternehmen mit rund 600 Mitarbeitern an den Standorten Augsburg, Cagliari (Italien), Santiago de Chile und Kourou, Französisch-Guayana. MT Aerospace entwickelt und produziert Schlüsselkomponenten für die europäische Trägerrakete Ariane, die Airbus-Flugzeugflotte, Raumfahrzeuge und Satelliten. MT Aerospace ist Technologieführer bei Leichtbaustrukturen aus Metall und Verbundwerkstoffen. Mit einem Auftragsvolumen von zehn Prozent ist MT Aerospace der größte Zulieferer für das Ariane-Programm außerhalb Frankreichs.

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